🎙️ Teller statt Tonne – der Food Waste Podcast geht in die nächste Runde!

03. September 2024

Es gibt so viele Menschen, die etwas gegen Lebensmittelverschwendung tun! Deshalb freut es uns sehr, dass wir in unserer 12. Folge mit Judith Stiegelmayr sprechen, der Mitgründerin von Community Kitchen München. 🥕👩‍🍳

Das Restaurant Community Kitchen wurde im Februar 2022 eröffnet und setzt ein beeindruckendes Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung: Hier werden gerettete Lebensmittel zu leckeren Mahlzeiten verarbeitet. Doch es geht um mehr als nur ums Essen, es ist ein Ort des Austauschs und der Gemeinschaft. Täglich kommen dort 150 bis 200 Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten zusammen. 🤝

Liebe Judith vielen Dank für das spannende und inspirierende Gespräch! 🎧 Wie immer gibt es die Folge auf Spotify und Apple Podcast zu hören:

Hier geht es zum gesamten Podcast-Interview:

Judith:

Ich bin Judith, Gründerin und Geschäftsführerin von Community Kitchen München, Wir sind inzwischen doch ein recht großes Restaurant und arbeiten fast ausschließlich mit geretteten Lebensmitteln. Wir haben uns 2021 im Mai gegründet und haben im Februar 2022 unser Restaurant eröffnen können. Wir sind in einem riesigen ehemaligen Bürokomplex und haben da die Kantine übernommen. Das heißt, wir haben auch sehr viel Platz. Hatten sehr viel kreativen Gestaltungsspielraum und haben uns unser Restaurant so gebaut, wie wir das gerne haben wollten. Wir haben sehr viel mit Spenden gearbeitet in der Einrichtung, also wir haben ein ganz buntes Potpourri aus Tischen und Stühlen und allem möglichen an Geschirr, was man vielleicht mal bekommen hat von der Oma oder so. Wir finden das ganz super Klasse macht auf jeden Fall einen besonderen Charme. Es ist ein sehr bunter Ort geworden, an dem aktuell 150 bis 200 Personen pro Tag zum Essen kommen und das Schönste, was wir geschaffen haben, dadurch, dass wir das Essen anbieten, das wir anbieten, auch durch Kooperationen in Teilen ein bisschen vergünstigt. Ist, dass wir alle Zielgruppen und alle Menschen in unserer Gesellschaft am Mittagstisch versammeln, das finde ich, ist schon sehr besonders. 

Justus 

Das heißt, ihr verkocht nicht nur Lebensmittelreste, ihr habt sozusagen auch die Restbestände an Stühlen und Geschirr eingesammelt und euch so dieses Restaurant zusammengebaut. Hat sich denn was von der ersten Idee jetzt bis zur tatsächlichen Umsetzung was geändert an eurer Vision? Oder an dem Gedanken, wie ihr es umsetzen wollt generell? Oder konntet ihr dann die Idee, die ihr hattet, auch genauso umsetzen? 

Judith 

Wir konnten die Idee, die wir hatten, tatsächlich so umsetzen, wie wir es geplant hatten. Meine Mitgründerin, die Günes Seifert hatte die ursprüngliche Idee, das zu tun, also sowas zu gründen, hatte das Konzept dafür schon in der Schublade liegen und die war auch schon mehrere Jahre Lebensmittelretterin. Ich persönlich hatte von Lebensmittelverschwendung zu dem Zeitpunkt, als ich da rein gestartet bin, keine Ahnung, keine Ahnung von wie viel wird weggeschmissen, was ist das Ausmaß, mit dem wir da zu tun haben? Und ich hab mich aber dann durch Selbstretten auch sehr schnell anstecken lassen von der Idee, was zu tun. Mein persönliches Ziel war, was zu finden, was ja, glaube ich, gerade viele junge Leute so umtreibt, was zu finden, was für mich Sinn ergibt in der Arbeit. Und das hat so aufs Erste für mich schon sehr viel Sinn ergeben, weil ich dann auch schnell in die Zahlen eingetaucht bin und festgestellt hab, 12 Mio. Tonnen, die in Deutschland an verzehrfähigen Lebensmitteln pro Jahr weggeschmissen werden, ist schon viel. Das kann man sich jetzt natürlich nicht vorstellen. Aber, um nochmal auf die Grundidee zurückzukommen, haben wir festgestellt, gut, wir haben mit Lebensmitteln zu tun bei Lebensmitteln, da kann man natürlich super viele Dinge machen, alles, was man sich so vorstellen kann, weil es sind Lebensmittel, und ja, die sind halt überall und man kann alles Mögliche daraus machen. Wir haben ganz zu Beginn die Crowdfunding Kampagne gemacht und haben da schon gesagt, Hey, wir wollen ein Restaurant, wir wollen eingekochte Mahlzeiten im Glas machen, wir wollen Umweltbildung machen, wir wollen Caterings machen und wir haben so einen ganzen Blumenstrauß angeboten und ich glaube, die Menschen haben uns ein bisschen unterschätzt da draußen, wir haben auch nicht ganz das an Funding erreicht, was wir haben wollten. Und ich glaube, das Vertrauen in unsere Fähigkeiten war am Anfang nicht so groß wie jetzt, 3 Jahre später. Wir haben tatsächlich alles gemacht, was wir da gepitcht haben in der Crowdfunding Kampagne. Wir betreiben ein Restaurant. Wir haben selbst eingemachte Mahlzeiten im Glas entwickelt. Wir haben unser eigenes Müsli aus gerettetem Brot entwickelt mit geretteter Schokolade. Wir haben sehr viel Umweltbildung gemacht. Dadurch, dass wir hier auch die Möglichkeiten platzmäßig hatten. Pro Jahr sind das ungefähr 3000 Schüler aus unterschiedlichsten Schulen, die zu uns kommen, in unterschiedlichen Formaten auch. Und wir machen Caterings, und wir machen sogar Veranstaltungen und noch ein paar andere Sachen mehr. Also ja, die Idee, die wir ursprünglich hatten, haben wir übertroffen, würde ich mal sagen.

Barbara 

Und ihr arbeitet mit Ehrenamtlichen und mit festen Mitarbeitern? 

Judith 

Genau. Wir sind ein ganz normales Unternehmen, wie andere auch normale Unternehmen sind. Haben also, wenn man jetzt da ganz genau einsteigen will, 2 Unternehmen, die das Community Kitchen als Marke zusammen bilden, aber im Grunde ganz normal, wie das jeder andere auch macht. Und wir haben natürlich Mitarbeiter, die natürlich auch dafür sorgen, dass der geregelte Ablauf in der Gastronomie funktioniert, die in der Küche sind. Und das dann immer mit Ehrenamtlichen zu wuppen ist, find ich die schöne, paradiesische Idee, die man hat, wenn man was Soziales und was Nachhaltiges macht, das ja, das muss dann auch immer über Ehrenamt gestemmt sein, und da müssen dann wiederum Ehrenamtliche dahinter sein, die dann wieder alles koordinieren und so weiter. Das kann aber nicht das Ziel sein, von einem in Zukunft auch noch funktionierenden Wirtschaftssystem. Da braucht es Leute, die dafür arbeiten und die dafür auch ein faires Gehalt verdienen dürfen und deswegen klar haben wir Mitarbeiter, wie jeder andere auch. Und ist ein guter Mix und das macht es auch wieder besonders, weil wir halt immer eine unterschiedliche Anzahl jeden Tag haben an Personen, die dann bei uns im Unternehmen sozusagen rumspringen. Bringt aber auch wiederum den Austausch zwischen Jung und Alt. Unsere älteste Ehrenamtliche, die Christel, ist jetzt 83, die kommt immer am Donnerstagvormittag. Die kommt aus Deutschland. Die meisten unserer Küchenmitarbeiter kommen nicht aus Deutschland. Dann haben wir mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen gearbeitet hier, die hatten wir in der Küche, die wurden auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet, also wir hatten wirklich auch da einen supercoolen Austausch zwischen allen Menschen, die die Gesellschaft, wie ich vorhin schon gesagt habe, so hergibt, und das war uns eigentlich das Wichtigste. 

Justus 

Jetzt möchte ich noch mal so ein bisschen auf die Gründungsgeschichte eingehen, weil das finde ich super spannend. Du hast gerade schon gesagt: ihr standet da so ein bisschen wie Hanni und Nanni. Hattet ihr denn Erfahrung im Gastronomiebereich oder habt ihr einfach gesagt, das schaffen wir schon, was ist denn überhaupt euer beruflicher Hintergrund gewesen, als ihr diese Entscheidung getroffen habt? 

Judith 

Gastronomische Erfahrung haben wir beide nicht. Wir haben aber einen sehr starken Willen und Ehrgeiz und Motivation, Dinge zu verändern. Und ich glaube, wenn es jetzt nicht gerade um Herzchirurgie oder Hirnchirurgie geht und solche Dinge, die mehr Ausbildung erfordern, dann kann man sich mit Fleiß da schon einarbeiten. 

Günes hat Betriebswirtschaft studiert. Ich habe Sportökonomie studiert in Bayreuth und ja, hatte mit Ernährung zu tun. Genau, aber motiviert irgendwas zu machen und mich dann auch reinzuklemmen für eine Idee, die mir am Herzen liegt, das glaube ich, habe ich in mir drin und. Deswegen haben wir das auch mit der Gastronomie sehr gut hinbekommen. Also wir haben viel gearbeitet, wir arbeiten immer noch sehr viel, uns ist es wichtig, dass wir gute Ergebnisse erzielen und es ist auch wichtig, dass das Restaurant gut läuft, weil noch mal. Wir haben ja auch mit geretteten Lebensmitteln zu tun, wenn da jetzt irgendwas nicht laufen würde, dann wäre das natürlich auch für das Thema Lebensmittelverschwendung das Schlimmste, was passieren könnte. Nichtsdestotrotz sind wir gleichzeitig schon auch Menschen, die Dinge hinterfragen. Einfach in dem Prozess auch immer zu hinterfragen, OK, was muss denn wirklich jetzt alles so bleiben, wie wir uns das über die letzten Jahrzehnte aufgebaut haben? Ist das überhaupt noch zeitgemäß, wo hätte man noch weitere Hebel, um Lebensmittelverschwendung auch signifikant zu reduzieren, weil leisten, egal ob man jetzt sagt, ökologisch oder wenn man den eigenen Geldbeutel anschaut, können wir es uns eigentlich lange schon nicht mehr. Und da sind wir einfach offen für jegliche Gespräche und gehen dann auch einfach sehr gern in eine Extrameile, um zu gucken, was man denn dann verändern kann und mit wie vielen Leuten auch. 

Justus 

Ja, jetzt muss man ja sagen, es war ja dann nicht nur so, dass ihr wirklich dieses Thema komplett euch neu erarbeitet habt, sondern wenn ihr 2021 gestartet seid, dann war ja eigentlich auch noch gerade Corona und das war auch noch im vollen Gange und gerade die Gastronomen haben ja auch sehr darunter gelitten, oder es war auch noch nicht ganz so klar, wie es da weitergeht, wie sich das entwickelt, wie hat euch das denn auch beeinflusst? Dann bei dieser Entscheidung damals? 

Judith 

Wir haben darüber nicht so viel nachgedacht. Ich glaube, manchmal muss man auch einfach ein bisschen naiv sein. Wir hatten mit diesem Zwischennutzungskonstrukt, das wir hier generell aufgebaut haben, in München, in Neuperlach, die Möglichkeit, was Neues auszuprobieren. Wir haben die Größe, dass wir viele Leute unterbringen können, wir haben die Größe, um hier viele Lebensmittel zu retten, und wir haben wirklich rangeglotzt, um das so zum Laufen zu bekommen, wie wir das haben wollten. Und ja, wir sind auch in die Coronakrise rein gestolpert. Wir sind aber genauso auch in den Ukrainekrieg reingestolpert. Und wir haben dann, kurz nachdem wir unser Restaurant eröffnet haben, die Versorgung von geflüchteten Ukrainern am Münchner Hauptbahnhof übernommen. Das war reiner Zufall, dass wir diesen Auftrag bekommen haben. Dadurch haben wir super viel gelernt, weil wir am Tag 2000 Personen versorgt haben und es musste laufen und das haben wir mit relativ wenig Personal, weil wir waren ja noch recht frisch, mit super vielen tollen Unterstützern auch von anderen Unternehmen geschafft, diese 2 Monate irgendwie zu überstehen. Zu dem Zeitpunkt haben Günes und ich auch noch selbst gerettet. 2000 Portionen am Tag bedeutet, dass wir dreimal bis viermal die Woche retten. Plus natürlich auch Einkaufen in der speziellen Situation, weil es da bestimmte Essenspakete gab. Aber alles, was wir an diesen 2000 warmen Mahlzeiten gekocht haben, haben wir aus geretteten Lebensmitteln gekocht und wir haben dreimal unsere kompletten Kühlhäuser in der Woche aufgefüllt und die wieder weggekocht. Also das war eigentlich wo wir dann auch gesehen haben, so, ja da muss. Wenn wir über Lebensmittelverschwendung reden, also genau in diese Dimensionen müssen wir reinkommen, weil selbst wenn wir jetzt dreimal in der Woche unsere Kühlhäuser auffüllen, ist es immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein, aber wenn man das an 2000 Leute, die jetzt vielleicht nicht in der Notsituation sind, mehr auch andere Dinge gemacht, um das als Marketing zu machen, das ist ja eigentlich das wichtigere für das Thema. Ich koche, die Leute essen es auf und die geretteten Lebensmittel sind verschwunden, die, die eigentlich im Abfall gelandet wären. Und wir haben irre viel gelernt in der Zeit. Wir haben viel verkocht in der Zeit und sind natürlich auch bekannter geworden in München und über München hinaus. Und ja, damit ging dann die Reise eigentlich erst so richtig los. 

Barbara 

Die Reise ging los. Heißt das auch geografisch, dass ihr euch erweitert oder sind sind die ist die Zielgruppe größer geworden, die Restaurantbesucher? 

Judith 

Also neue Standorte haben wir in dem Sinne jetzt noch nicht. Also kein neues Restaurant geplant. Wir sind jetzt gerade auf der Suche, weil wir auch unseren Ort hier als Zwischennutzung aufgeben, weil die Zwischennutzung auch einfach endet, also wir sind schon dabei zu gucken, wo es hingehen kann. Angesichts des Konzeptes war auch unsere ursprüngliche Idee, Lösungen zu finden, wie andere das machen. Können. Das wäre was, was dann auch in den nächsten Jahren kommt, weil noch mal, wir haben jetzt erst mal hier innerhalb von 3 Jahren eine solide Basis aufgebaut, hat ja auch viel Zeit gekostet und Arbeit gekostet plus dem Betrieb der Zwischennutzung generell auf 15, 000 Quadratmetern mit irre vielen Leuten, die da am Tag reingekommen sind und ganz viele unterschiedliche Dinge, die noch mal gar nichts mit Lebensmittelverschwendung zu tun haben, betrieben haben. Jetzt zieht das Community Kitchen München alleine weiter und dann schauen wir, ob das auch in andere Städte gegebenenfalls kommen kann oder wie es damit weitergeht. Aber man kann natürlich jeder, der Bock hat auf Gastronomie und auch lernen möchte, wie das mit dem Lebensmittel rettend funktioniert. Der darf sich jederzeit gerne melden. Ich mein, das kann man sich selber erarbeiten, aber man kann natürlich auch mit uns in Kontakt treten und dann damit selbst ein Restaurant betreiben, weil es macht natürlich schon sehr viel Spaß, muss ich sagen, wenn du rettest, keine Ahnung hast, was du an Lebensmitteln bekommst, und dann hast du auf einmal ein ganz buntes Potpourri an, ja, alles mögliche Obst und Gemüse. Wir sind große Verfechter von der Frischküche und verarbeiten auch alles frisch und per Hand bei uns in der Küche. Und jetzt hab ich den Faden verloren, ja, nichtsdestotrotz, lange Rede kurzer Sinn, wir sind Fans von der Frischküche und es funktioniert auch über das Lebensmittel retten sehr gut genau und man kann kreativ sein. Denn wenn man das möchte, weil man einfach ganz viele unterschiedliche Dinge rettet. Man muss manchmal auch kreativ sein, weil in unserem Fall, wir retten teilweise sehr viel, wir liegen so zwischen 15 und 20 Tonnen in der Woche an Lebensmitteln, die wir retten, und wenn du dann halt eine Palette gurken hast, dann hast du halt eine Palette Gurken und dann musst du dir natürlich auch überlegen, was du jetzt mit, ich weiß gar nicht, wie viele einzelne Gurken das sind, gefühlt 1000 Stück oder 2000, was du mit denen dann machst. 

Barbara 

Das habe ich mir gerade auch überlegt. Das ist ja herausfordernd. Habt ihr dann ein Kochbuch, was immer größer anwächst, so dass man die Überlegungen oder Ideen schon mal, die man schon mal hatte, auch schön notiert?  

Judith  

Nein, das haben wir gar nicht, also wir kochen relativ viel freie Schnauze. Wir wollen auch, dass so rüberkommt, also schon den Zugang schaffen zu den Leuten, das ist bei uns kein Etepete á la Card Restaurant. Wir sind von der Struktur wie eine Kantine, es gibt bei uns 2 Mittagsgerichte. 2 Warme, das eine ist immer vegan, das auch möglichst alle irgendwie partizipieren können. Die, die eben kein Fleisch essen, aus welchen Gründen auch immer. Das zweite Gericht ist meistens vegetarisch, aber wenn wir Fleisch retten, dann verkochen wir das auch. Und ja. Wir möchten einfach gerne einfache Küche anbieten, deswegen ist es auch nicht so hochkomplex. Und was es aber auch jeden Tag dazu gibt, ist ein buntes Salatbuffet. Und da ja wird auch alles Mögliche zu zu Salat verarbeitet, was wir halt haben. Einfach viel frisches Gemüse und es leuchtet und es ist schön bunt und das kommt auch richtig gut an. Sozusagen. Man würde die Leute auch nicht dazu bekommen, gesund zu essen, halte ich für schlichtweg eine Lüge. Das geht, man muss es einfach nur gut machen und gut präsentieren. 

Justus 

Ja, da gebe ich dir absolut recht. Ich finde, wenn man versucht sich gesund zu ernähren, dann kommt man sehr schnell an seine Grenzen und merkt so, gerade wenn man irgendwie Convenience Food essen möchte oder ins Restaurant geht, dass die Auswahl auch gar nicht so groß ist an gesundem Essen. Es ist dann doch immer sehr viel Butter oder sehr viel Soße dabei, wenn man überhaupt etwas bekommt. Also das finde ich interessant, dass er das sozusagen als Gesamtpaket auch euch überlegt habt. Ja, nicht nur gerettete Lebensmittel, die natürlich jetzt würde ich mal sagen, so das größte Alleinstellungsmerkmal ist. Aber es scheint ja auch ein sehr integrativer Arbeitsplatz bei euch zu sein. Plus noch mal ein Fokus auf gesundes Essen, also das Paket. Das hört sich schon sehr sinnvoll an, wenn ich das so höre. Und ihr habt jetzt gesagt, ihr wärt auch offen, dass wenn jemand selber sowas aufziehen möchte in seiner Stadt, ja, der kann sich also an euch wenden, kann wahrscheinlich auf die Website gehen, Community Kitchen googlen und mal schauen, dass er euch kontaktiert. 

Judith 

Das auf jeden Fall immer unsere Webseite, mit der muss man sich natürlich ein bisschen anfreunden, weil wir sind sehr praktisch unterwegs und nicht immer ganz so viel theoretisch. Das schließt die Webseite mit ein, da steht jetzt nicht immer das aktuellste drauf. Aber Social Media, damit kann man uns auch gut verfolgen und da erreicht man uns eigentlich auch zu jederzeit und was wir auch gemacht haben, das ist ganz spannend für Einrichtungen, die auch zur Gemeinschaftsverpflegung gehören, ist, dass wir ein Buch geschrieben haben, jetzt zurm Ende letzten Jahres. Das hat den spannenden Titel Lebensmittelverschwendung reduziert in der Gemeinschaftsverpflegung. Ist Nischenthema, würde ich mal sagen, für gedanklich, für viele Leute. Aber die Gemeinschaftsverpflegung, und das hatten wir am Anfang auch nicht so auf dem Schirm, ist riesig, weil da zählen alle Kantinen dazu, Betriebskantinen, städtische Kantinen, also öffentliche Kantinen, Landtagskantinen, die Verpflegung in Krankenhäusern, die Verpflegung in Kitas, in Schulen, in Altenheimen und so weiter und allein in München bei uns werden 300 000 Leute am Tag. Diesen Kantinen oder über die Gemeinschaftsverpflegung versorgt. Das heißt, wenn man da dieses Thema platziert. Und wenn man jetzt allein 10% der Leute damit erreichen würde am Tag, dann hätte man natürlich schon nen großen Hebel um. Aufmerksam zu machen auf das, was da ist. Oder einfach Dinge auch mal auszuprobieren. Nachdem wir es geschafft haben, die. Leute, die zu uns kommen, so ein bisschen zu erziehen, sind wir auch sehr selbstbewusst darin zusammen. Sagen, Hey, du kannst die Strukturen schon so verändern, wenn du sie verändern willst. Wie du das möchtest. Die Leute, die werden da schon mitziehen, kommt immer darauf an, wie man es verpackt. Wenn man es jetzt einfach so nimmt und sagt. Also nochmal bei uns es gibt die 2 Mittagsgerichte, wir schaffen es meistens erst am selben Tag zu kommunizieren, was es am nächsten Tag gibt. Das war ewig lange ein Aufreger, weil das gibt es ja gar nicht. Also dass man da nicht 2 Wochen vorher schon weiß, was es gibt, weil wenn ich jetzt in die Arbeit gehe, dann will ich ja gefälligst auch gleich mal gucken, was ich zum Mittagessen hab in 2 Wochen so, das ist gefühlt Deutschlands Arbeitswelt für mich, ohne da irgendjemand angreifen zu wollen, aber es ist einfach, habe ich selber auch schon erlebt, das ist einfach Teil unseres Lebens. 

Judith 

Genau. Planbarkeit, Sicherheit, genau. Und wir haben es einfach anders gemacht. Und manchmal schaffen wir das dann auch gar nicht zu kommunizieren, bevor die Leute da vorne stehen. Also wir haben natürlich ne Tafel und da steht das dann drauf, aber manchmal keine Ahnung, wenn wir es nicht schaffen das über Social Media zu kommunizieren, dann weiß man halt einfach nicht, was es gibt, die Leute kommen trotzdem. Weil sie sich dran gewöhnt haben, dass es bei uns einfach so ist und weil sie sich auch gerne überraschen lassen und weil sie sicher sein können, dass es schmeckt. Also da haben wir die Struktur uns so hingebaut, wie sie für uns praktikabel ist. Und ich glaube, dazu kann man nur mehr Leute ermutigen. Nicht immer so kompliziert zu denken, sondern wenn man merkt, OK, das ist jetzt so n elendiger Aufwand sich in irgendwas reinzuquetschen, was da nicht passt, dann schau halt, wie man entweder sich in der Mitte trifft oder wie es für dich einfach auch ein bisschen umsetzbar ist. Und dann mach es einfach und bleib dran. Da hat man natürlich immer mal wieder Diskussionen, aber die werden auch weniger. Und noch mal, wenn man begeistert ist von dem, was man da tut, dann ziehen die Leute auch mit. 

Barbara 

Das glaube ich auch. Ich finde es ganz spannend, dass so viele unterschiedliche Menschen angesprochen werden. Ich habe recherchiert, dass ihr auch Seniorentreffen macht. Das geht ja auch über das Essen retten oder Essen hinaus. Besonders in Großstädten hört man, dass Menschen, die nicht mehr einer regelmäßigen Arbeit nachgehen, so vereinsamen. Also es hat ja sehr viele Komponenten. Und ich glaube, mit Kindern kann man bei euch auch gut essen. Ist es so, dass es immer weiter wächst, also dass ihr manchmal Leute wegschicken müsst und da. 

Judith 

Wir hatten das tatsächlich mal an einem Sonntag, als wir Brunch hatten. Da war ich kurz davor zu sagen, wir können jetzt keine Leute mehr annehmen. Aber nee, noch mal, es ist recht viel Platz bei uns und bisher haben wir das nicht gesprengt. Also wir kommen nicht an die Anzahl ran, die hier vorher durchgelaufen sind mit 4 500 Büromitarbeitern, die hier im Haus waren, die haben 2 500 Essen am Tag gemacht, das wäre natürlich Premium, aber das sind wir dann jetzt auch nicht. Nee, bei uns findet schon jeder einen Platz, aber also das mit dem Austausch noch mal, das war uns schon sehr wichtig zu gucken, dass uns alle Menschen willkommen sind, da haben wir auch viel ausprobiert. Es gab am Anfang spendenessen, dann haben wir festgestellt, in Teilen wurde das auch ausgenutzt, dann haben wir das wieder abgesetzt, aber jetzt haben wir speziell für Senioren gerade noch eine Kampagne laufen mit 2 Förderern. Die uns helfen, das Mittagessen für Senioren und Seniorinnen günstiger anzubieten. Die Zahlen 4€ wir mussten uns jetzt leider noch mal reduzieren, es gibt jetzt noch einmal in der Woche, aber nichtsdestotrotz also die Kampagne lief über ein Jahr super. Erfolgreich und wir wissen, dass also einfach auch aus den Gesprächen, die wir geführt haben, weil wir auch selber versuchen, sehr nahbar zu sein und diese Gespräche auch zu führen, wenn wir da sind, dann im Café selbst. Dass wir es geschafft haben, ältere Menschen aus der Einsamkeit rauszuholen und. Die sagen das gerade. Also ich würde vielleicht gar nicht sagen, gerade in der Großstadt, das passiert wahrscheinlich einfach, egal wo man ist, weil auf dem Land wird es jetzt nicht so viel anders sein, aber du hast das Problem in der Großstadt, dass es sehr anonym ist. Und dann bist du in deiner Wohnung und dann hast du irgendwie auch. Hast ja keinen Grund, noch großartig rauszugehen. Du hast ja auch keine Ansprache, also es ist ja egal, ob du in deiner Wohnung bist oder ob du draußen bist. Und man geht halt irgendwie so unter und mit dem. Mittagsangebot haben wir das geschafft, dass die kommen, sich auch kennenlernen, austauschen. Die sitzen jetzt in Teilen einer richtig langen Tafel zusammen. Bekommen das mit, wenn wir Umweltbildung haben. Es finden eben manchmal einen Singkreis statt oder es hat auch eine Handyberatung oder eine Digitalberatung generell stattgefunden. Anderer Förderer hat Kino angeboten für die Seniorinnen, also es ist jetzt nicht so schwer, die Leute ranzuholen, wenn man auch da noch mal sich Mühe gibt und Leute findet, die das gleiche Ziel verfolgen und noch mal die Gespräche, die wir geführt haben. Ich finde, dafür lohnt sich jede Minute, die man da rein investiert hat, weil das Feedback einfach super positiv ist. Gleichzeitig muss ich sagen. Sind wir natürlich schon eine Lösung für ein Problem, das jetzt gerade da ist. Aber wir sind nicht die perfekte Lösung dafür. Also egal, ob es jetzt um Lebensmittelverschwendung geht oder ob es um Einsamkeit im Alter geht. Man müsste systemisch schon einiges verändern, dass es gar nicht dazu führt, dass wir zum einen so viele Lebensmittel wegschmeißen und damit ja auch bares Geld in was weiß ich Milliardenhöhe wegschmeißen jedes Jahr. Oder daß wir uns so viel Mühe geben müssen, die alten Leute aus ihren Häusern rauszubekommen, weil sie sonst keine Ansprache haben. Die Familien wohnen halt nicht mehr zusammen und dann sind die einen da, die anderen irgendwo ganz woanders, dann findet der Austausch nicht statt, also da versuchen wir schon auch in Kontakt zu bleiben mit der Politik, egal ob jetzt kommunal oder bis zur Bundesebene hoch und zu gucken, was kann man denn da verändern. Nur oder uns eben auch mit anderen Leuten, die dieselbe Gesinnung haben, zu verbinden, weil wir ganz alleine als jetzt inzwischen 3 Gründerinnen, die das Community Kitchen betreiben können, natürlich auch nicht dafür sorgen, dass dann am Ende keine Lebensmittel mehr weggeschmissen werden oder alle Senioren und Seniorinnen nicht mehr einsam sind.

Justus 

Das ist spannender, spannendes Thema, was du angesprochen hast, weil man kann natürlich immer nur in seinem begrenzten Rahmen arbeiten, aber da macht er ja auch schon viel und auch dieses Buch. Was ihr geschrieben habt für die Gemeinschaftsverpflegung ist wahrscheinlich auch ein Versuch das so ein bisschen systemisch anzugehen. Vielleicht da noch mal. Für wen ist dieses Buch? Also wenn jetzt jemand zuhört und sagt, ich hab vielleicht sogar ne Kantine? Ist das dann für genau solche Leute, die Kantinen betreiben, die Restaurants betreiben, dass sie da noch mal Tipps bekommen, wie man Lebensmittelverschwendung reduziert. 

Judith 

Genau. Also es ist für alle die ne Kantine oder einen Ort der Gemeinschaftsverpflegung betreiben. Man kann sich aber natürlich auch, wenn man ein Restaurant betreibt, daran orientieren, also das ist ja jetzt, man ist ja im gleichen Thema unterwegs. Und ich glaube, dass eigentlich jeder was machen kann. Egal wie groß oder klein. 

Justus 

Wir sind also aus deiner Sicht ja, was sind aus deiner Sicht so die wichtigsten Punkte oder vielleicht hast du ja schon 1, 2 Tipps, die man jetzt hier schon nennen kann, die vielleicht dem ein oder anderen schon helfen. 

Judith  

Ich würde noch mal ganz kurz was zum Buch sagen, weil wir haben uns wirklich bemüht, ein Buch zu erstellen, das so praktisch ist, dass man auch Inhalte direkt daraus nutzen kann. Also wir haben 100 Seiten geschrieben. Ungefähr. Es ist tatsächlich relativ viel Text, aber wir haben es versucht, so gut wie möglich zu reduzieren. Am Anfang ein kurzer Einstieg auch in das Thema Lebensmittelverschwendung, aber weiter hinten im Buch dann noch mal mehr Informationen, um ein bisschen tiefer einzutauchen. 

Weil auch da, wenn man dann aus dem, wenn man aus der Lebensmittelrettung kommt und dann die Möglichkeit hat, ein Buch zu schreiben, dann ist man, glaube ich, erst mal so. Und das muss noch rein. Und das muss noch rein. Wir haben aber in dem Buch auch Aushänge, die man verwenden kann, im Gastraum zum Beispiel, oder Aushänge, die man für sein Personal verwenden kann. Wir haben Dokumente, die man ZB in der Schule oder in der Kita verwenden kann. Man dürfte jetzt keine übrig gebliebenen Lebensmittel vom Mittagessen weitergeben, das kann man sich ja auch unterschreiben lassen als Eltern, das wäre zum Beispiel auch was, was eine Privatperson initiieren kann an der Schule oder an der Kita selbst. 

Und ansonsten ja, bedienen kann sich da jeder dran. Und finde ich ganz charmant und wir haben das auch getestet in der Rathauskantine in München, da waren wir jetzt über einen Zeitraum von 6 Wochen gemeinsam mit dem Personal von der Rathauskantine am Münchner Marienplatz aktiv und haben halt aus geretteten Lebensmitteln gekocht, ist sowas wie entweder mache ich einen speziellen Tag dazu und ich stelle dann auch zusätzliche Infos bereit. Oder ich nehme einfach einmal in der Woche ein Rettergericht auf die Karte. Und dann ja, finde ich so die ein oder andere Information dazu ist natürlich schon hilfreich. Jetzt haben wir mal ein Buch geschrieben und sind damit auch schon ganz zufrieden, aber das ist halt jetzt eine Momentaufnahme aus Gesprächen mit vielen anderen Kantinen, die wir geschaffen haben und Tipps, die wir uns dann eingeholt haben und so weiter und sofort. Und wir haben mit Sicherheit nicht alle Tips und schlauen Ratschläge, die man sich gegenseitig nehmen kann und die dann auch wirklich sinnvoll sind drin. Und deswegen, wenn es jetzt jemand hört und das dann auch ausprobiert und dann sich denkt so warte mal, aber da fehlt ja vielleicht noch dieses oder jenes, wir sind immer offen für Ratschläge, die man dann in eine zweite Version mit reinnehmen kann, weil wir das eher sehen als ein Arbeitsbuch, das einfach weiterwachsen kann, weil nochmal wir alleine können nicht die Lebensmittelverschwendung so reduzieren, dass es uns allen guttut, da brauchen wir einfach eine große Mannschafft, würde ich mal sagen und alle, die da Lust haben mitzumachen, die sind herzlich eingeladen. 

Justus 

Ja, wenn ich jetzt ein gerettetes Gericht anbieten möchte oder vielleicht auch mal allgemein gefragt, was macht bei euch dann ein Gericht zu einem geretteten Gericht? Also ich nehme mal an, Ihr habt Nahrungsmittel von Lieferanten, die sonst in der Tonne gelandet wären, ihr bedient euch vielleicht auch an solchen Lebensmittelverteilern, vielleicht kannst du da ja mal so ein bisschen erklären, wo kommen überhaupt die Nahrungsmittel her, die dann verarbeitet werden. 

Judith 

Wir retten unsere Lebensmittel, noch bevor die in den Supermarkt kommen. Also wir retten nicht auf der Seite, auf der auch Vereine retten wie ZB Foodsharing oder die Tafel, wobei die Tafeln glaube ich sowohl vor Supermarkt als auch nach Supermarkt rettet. Wir retten davor, das heißt, beim Großmarkt in München, bei Großhändlern, bei Landwirten, und das führt natürlich auch dazu, dass wir oft von einer Sorte wie zum Beispiel Zucchini sehr viel auf einmal retten. Ist aber auch Topware und das ist auch das, was wir den Leuten zeigen wollen. Und wir arbeiten viel mit Ehrenamtlichen, aber wir arbeiten viel mit Schülern, mit Unternehmen und so weiter und wir versuchen immer wieder, Menschen mit zum Lebensmittelretten zu nehmen, dass die auch sehen, was da eigentlich weggeschmissen wird und dieser Müll in Anführungsstrichen ist, weil man würde den Unterschied nicht erkennen zwischen dem, was im Müll landen soll und dem, was man im Supermarkt kauft. Ich finde, das ist auch was, was die Menschheit verstehen muss, das passiert überall, das passiert nicht nur bei uns, das passiert in Kantinen, in Restaurants genauso wie es in Privathaushalten, also bei einem Zuhause passiert. Dass man ein Netz mit Mandarinen hat und die eine ist matschig und fängt an zu schimmeln, das ist ganz normal. Das passiert überall und das sind aber natürlich auch die Dinge, die dann wirklich Abfall sind. Also wir retten nicht schimmelige Lebensmittel, kratzen den Schimmel ab und verarbeiten das dann zu essen. Ist aber der Ruf, den das Lebensmittelretten hat. Sondern wir retten Irreviel in großer Menge, in Top Qualität. Und das verarbeiten wir zu Mahlzeiten und zeigen, dass das, was eigentlich weggeschmissen werden würde. Mindestens die Qualität hat, um in einem Restaurant zu landen. Als Essen. 

Justus 

Was sind dann so die Gründe, warum die Lebensmittel übriggeblieben sind? 

Judith 

Also es gibt eine Grafik, die finde ich sehr gut, die findet man in unserem Buch. Haben wir die auch abgebildet, die zeigt das Lebensmittelsystem weltweit. Und das sind einfach Linien, die kreuz und quer so verlaufen, dass man überhaupt gar keine Ahnung mehr hat, wo man da überhaupt hinschaut und wo man ansetzen soll. Also ich glaube, die Gründe sind sehr, sehr vielfältig, gerade weil es ein globales System ist und nicht viel, nicht lokal bezogen wird. Also einfach viel zu viel, auch nicht regional oder lokal bezogen wird, weil wir auch noch nicht die Notwendigkeit dafür haben. Also wenn wir Erdbeeren im Winter haben wollen, das ist so das klassische Beispiel, dann haben wir die halt einfach egal, wo die herkommen. Und muss ich kurz einschieben, weil es erschüttert mich nämlich immer am meisten, wenn ich zum Supermarkt gehe und mir Äpfel kaufe und dann die Äpfel aus Neuseeland kommen. Leute, wir sind in Deutschland, das ist neben Südtirol sowohl in Deutschland als auch in Südtirol gibts ja Äpfel ohne Ende. Warum müssen wir jetzt welche aus Neuseeland einfliegen? Also lange Rede kurzer Sinn, ich glaube die Gründe sind vielfältig. Warum viel weggeschmissen wird? Aber natürlich hat man eine Beziehung zwischen dem, was der Kunde gerne haben möchte, und das, was sie anbieten, leisten wollen, weil die wiederum keine Kunden verlieren wollen. Also es muss immer alles da sein, es muss alles verfügbar sein, zu jeder Tages- und Nachtzeit, und das ist schon extrem fatal, weil man darf jetzt nicht vergessen, wie viele Supermärkte wir haben, alleine in Deutschland, und wenn die immer proppevoll sind, und das sind sie halt einfach immer. Dann kann es am Ende keiner mehr essen. Und die Zahlen zeigen, dass ein Drittel von dem, was produziert wird und von dem, was man eigentlich noch essen könnte, jedes Jahr in die Tonne geklopft wird. Das ist alles, was von Januar bis einschließlich April produziert wird. Und ich glaube, vielen Leuten ist es egal, oder das klickt da nicht. Ich finde, man sollte mal anfangen, wenn man was wegschmeißt, das Äquivalent an Bargeld mit in die Tonne zu schmeißen, dann merkt man mal wieviel Geld man eigentlich wegschmeißt und für manche Leute mag das jetzt egal sein, weil sie den entsprechenden Geldbeutel dafür haben, für andere ist es nicht egal. Und man darf dann auch nicht vergessen, dass Lebensmittelpreise steigen, klar, aber in diesen Lebensmittelpreisen steckt natürlich auch dieses ein Drittel an Lebensmitteln, die wir wegschmeißen. Wird halt ganz normal eingepreist und deswegen finden wir es schon sehr erstrebenswert, dafür zu sorgen, dass weniger weggeschmissen wird in der Zukunft. 

Barbara 

Ich hab gesehen, ihr kooperiert mit Schulen, wie kam es dazu, seid ihr aktiv geworden, sind die Schulen aktiv geworden? Lehrer?

Judith 

Ganz unterschiedlich also mit gerade den Schulen, die zu uns kommen für die Umweltbildung. Das war dann eigentlich ein Selbstläufer, die wollten einfach gerne kommen, wir haben uns bemüht, auch da das Thema zugänglich zu machen und auch nicht so aufzubauen, wie es sonst oft war. Passiert auch mal, dass es ein bisschen monologisiert ist. Aber wir haben auch oft coole Formate wie, dass wir Poetry Slams organisieren, Rap Songs machen oder Kostüme basteln und jeder sucht sich halt sein Lieblingsobst oder Gemüse aus oder wir hatten auch schon jemanden, der dann als Döner kam. Und hatten da manchmal auch schon einen Tanzlehrer dabei. Wenn es jetzt eine große Gruppe ist. Und dann haben die halt irgendwas einstudiert da zusammen. Also. Ja, wir versuchen in Kontakt zu kommen mit den jungen Menschen. Die haben schon nen Plan und die können das auch richtig einordnen. Also auch da ist es nicht ein. Wir müssen da jetzt oberlehrermäßig hingehen und denen sagen, wie der Hase so läuft, weil das haben die nämlich selber schon verstanden und das verstehen die auch sehr schnell und gerade wenn die dann auch bei uns mal geschnibbelt haben und. Nicht nur irgendwie 3 Paprika hingelegt bekommen, sondern was weiß ich ne halbe Palette hingestellt bekommen und dann wir sagen so ok Leute jetzt müssen wir ein bissl Gas geben. So und so läuft das, das wird jetzt so geschnitten und dann zack zack. Dann sind die schon, dann sehen die das ja auch, gucken das an, die dürfen das auch probieren und sind selber total erstaunt, dass diese Lebensmittel weggeschmissen werden und ich glaube, solche Impulse muss man geben und dann finde ich es eigentlich wichtiger, ihnen zu zeigen, wie sie selbst aktiv werden können und sie auch zu ermuntern, selbst aktiv zu werden, weil das ist schon was, was man nicht lernt. Ich hab’s in der Schule nicht gelernt. Es gibt natürlich jetzt auch kein Schulfach, das Aktivismus heißt oder so. Und so extrem muss es ja dann teilweise gar nicht sein. Aber ich finde schon, dass man eine gewisse Selbstständigkeit und ein aktiv werden und motiviert sein beibringen muss und das bringen wir nicht bei. Großflächig gesprochen. Und das ist uns einfach wichtig, mit einfachen Formaten auch da zu schauen, dass die Schüler aktiv werden können und ihre eigene Meinung formen und die dann auch präsentieren können. Das wird dann auch am Ende von den Umweltbildungen meistens auf einer Bühne präsentiert und da kommt dann jetzt auch nicht jeder zu Wort, aber in diese Richtung sollte es eigentlich gehen.

Justus 

Ja, das klingt sehr gut. Also es ist wirklich ein tolles Paket was ihr anbietet und ich bin wirklich beeindruckt, von wie vielen Perspektiven ihr auch versucht, dieses Problem anzugehen und da auch irgendwie Werkzeuge an die Hand gibt. Also ich kann jedem nur mal empfehlen auch Eure Website aufzusuchen, da gibt’s auch einen Shop habe ich gesehen, wo man also gerettete Lebensmittel dann kaufen kann. Oder sozusagen die Produkte, hergestellt aus geretteten Lebensmitteln. Bevor wir jetzt zu unserer letzten Frage kommen, Judith, hast du vielleicht noch irgendwas, was du unbedingt loswerden willst, was du den Hörerinnen noch mitgeben möchtest? 

Judith 

Ich habe jetzt schon einen sehr langen Monolog geführt. Ich würde sagen: immer neugierig bleiben und nicht aufgeben. Das finde ich ganz wichtig. Nicht vertagen. Weil es gibt viele Wände, gegen die man rennt, und das tut manchmal mehr weh und manchmal weniger weh. Aber da nicht den Mut zu verlieren und offen bleiben. Auch den Schritt immer wieder aus seiner eigenen Blase rauszuwagen, wie wir das gemacht haben. Also mir war vorher nicht bewusst, wie bunt und vielfältig unsere Gesellschaft ist, weil ich bin aufgewachsen, wie ich aufgewachsen bin, und da ist auch gar nichts schlecht dran. Aber durch dieses Essensthema und Lebensmittelverschwendungsthema haben wir so viele andere Gruppen kennengelernt und Menschen kennengelernt. Und ich finde es schön, weil der Austausch untereinander in der Gesellschaft weniger geworden ist. Und einen Schritt auf den Anderen zuzugehen und einfach eine Frage zu stellen und da dann auch ein bisschen dran zu bleiben, auch wenn man sich dann mal anschweigt vielleicht, das kann man ja auch mal aushalten, das ist dann vielleicht mal ein bisschen unangenehm, aber einfach mal da zu sein, zu versuchen, eine andere Person, die man nicht einfach so kennenlernen würde, ein bisschen kennen und verstehen zu lernen, weil das formt Perspektive und es formt auch Meinungen. Und man muss auch nicht immer versuchen, seine Meinung dem Anderen aufzudrücken. Aber ja, also offen zu sein, neugierig zu bleiben und nicht den Mut zu verlieren, wenn man auch wirklich was verändern möchte. 

Justus 

Finde ich ein sehr schönes Stichwort. Ich glaube, so kann man seinen Horizont gut erweitern. Und vielleicht auch noch mal neue Dinge lernen und Meinungen vielleicht auch ändern oder neu bewerten. Von daher würde ich jetzt zu unserer letzten Frage kommen. Wir fragen die Gäste nämlich immer, was ist so ein typisches Resteessen oder hat man einen Tipp dafür, wie man selber bei sich privat Foodwaste oder Nahrungsmittelabfall vermeiden kann. Hast du da einen heißen Tipp für uns? 

Judith 

Man sollte auf seine Sinne vertrauen, wenn es um die Bewertung von Lebensmitteln geht. Wir können sehr gut entscheiden, ob ein Lebensmittel noch gut ist oder nicht. Man sieht’s, wenn irgendwas schimmelt, man riecht´s, man schmeckt das auch sehr schnell. Wer mal einen Schluck schlechte Milch getrunken hat, weiß, wie das schmeckt. Das Wichtige ist, daran stirbt man nicht. Und zu dem Rest der Verwertung generell. Wir haben Suchmaschinen unterschiedlichster Art. Ich würde tatsächlich empfehlen, wenn man sich nicht so sicher ist, im was koche ich daraus oder wie schmeckt das oder wie verhält sich ein Lebensmittel, dann tippe ich das einfach ein, was ich noch habe, schaue, was mich anspricht, weil Bilder sagen mehr als 1000 Worte, dann klicke ich da drauf, dann lese ich mir das Rezept durch und dann koche ich. Und in den meisten Fällen bin ich mir sehr sicher, dann schmeckt es auch. Meine Reste, Rezepte. Ich könnte euch tausende Rezepte sagen, aber ich mag das auch einfach gerne Sachen zu verarbeiten, die das sind und bin kreativ und hab vielleicht auch einen Geschmack dafür, aber so ist nicht jeder, nur dafür gibt es ja heutzutage das Internet. 

Justus 

Wird man da besser mit der Zeit? Also ihr macht es ja jetzt schon 3 Jahre, hat man irgendwann ein Gefühl dafür oder googlet ihr auch noch viel? 

Judith 

Man wird schon besser. Nur natürlich gibt es auch zu allem ganz viele unterschiedliche Meinungen und wenn man sich einen Tipp links holt oder einen Tipp rechts holt, dann landet man irgendwo. Zum selben Thema also ich würde ja einfach dran arbeiten, den eigenen Erfahrungsschatz aufzubauen und die eigenen Fähigkeiten zu stärken und dann ist das Thema auch nicht mehr so.

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